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NPD darf nur zeitlich und räumlich begrenzt auf Burgplatz

Die NPD darf die von ihr angekündigte Kundgebung am 7. Januar auf dem Burgplatz mit dem Thema „Wir wollen nicht Zahlmeister Europas sein – Raus aus dem Euro“ nicht zwischen 11.45 Uhr und 12.45 Uhr, nur auf der Nordost-Seite des Platzes und insgesamt nur eine Stunde lang durchführen. Die Begrenzung ist zum Schutz der durch das Grundgesetz garantierten Freiheit der Religionsausübung erforderlich, auf die sich die Teilnehmer an dem in diesem Zeitraum stattfindenden Mittagsgebet im angrenzenden Braunschweiger Dom berufen können. Die Verfügung der Stadt Braunschweig, mit der die Veranstaltung vollständig auf den südwestlich des Hauptbahnhofes gelegenen Parkplatz verlegt werden sollte, verstößt gegen das Grundrecht der Versammlungsfreiheit und ist insoweit rechtswidrig. Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts heute in einem Eilverfahren entschieden. Über ein Verbot der Demonstration hatte das Gericht nicht zu urteilen. Ein solches Verbot hatte auch die Stadt nicht verfügt.

Mit Schreiben vom 31. Dezember 2012 hatte die NPD die Kundgebung auf dem Burgplatz bei der Stadt Braunschweig angemeldet und mitgeteilt, die Veranstaltung solle zwischen 10 und 13 Uhr stattfinden und rund eine Stunde dauern, sie rechne mit 10 bis 25 Teilnehmern. Im Rahmen eines Kooperationsgesprächs zwischen der Stadt und einem Vertreter der NPD am 3. Januar schlug die Stadt den südwestlich des Hauptbahnhofes gelegenen Parkplatz als alternativen Versammlungsort vor. Nachdem der Vertreter der NPD diesen Vorschlag abgelehnt hatte, ordnete die Stadt mit Bescheid vom 3. Januar an, dass die Versammlung dort und nicht auf dem Burgplatz stattzufinden habe. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen aus, nach Abwägung aller Umstände müsse das Interesse an der Durchführung der Veranstaltung auf dem Burgplatz gegenüber der Religionsfreiheit zurücktreten, die durch die geplante Versammlung beeinträchtigt werde. Der südwestlich des Hauptbahnhofes gelegene Parkplatz sei dagegen für die geplante Versammlung geeignet und zumutbar, weil sie dort ebenso wahrgenommen werde wie auf dem Burgplatz. Gegen die Auflage der Stadt hat die NPD am 3. Januar um 17.30 Uhr einen Eilantrag beim Verwaltungsgericht gestellt und sich dazu auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen.

Das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit nach Artikel 8 des Grundgesetzes gilt auch für Versammlungen Rechtsradikaler. Eine Demonstration darf danach nicht schon deswegen unterbunden oder beschränkt werden, weil dort angreifbare oder abzulehnende politische Auffassungen vertreten werden. Solange eine Partei nicht durch das allein dafür zuständige Bundesverfassungsgericht verboten ist, kann sie sich bei Demonstrationen wie jede andere Partei auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen.

Für alle an der Entstehung des Grundgesetzes beteiligten Kräfte war es zwar ein zentrales Anliegen, sich von der Unrechtsherrschaft des Nationalsozialismus abzusetzen, mit der neuen Verfassung also einen Gegenentwurf zu einem menschenverachtenden Regime zu schaffen, das über Europa und die Welt in unermesslichem Ausmaß Leid, Tod und Unterdrückung gebracht hat. Die Verfassung sollte aber im Vertrauen auf die Kraft der öffentlichen Auseinandersetzung auch ihren Feinden grundsätzlich Meinungsfreiheit gewähren. Das Grundgesetz vertraut auf die Fähigkeit der Bürgerinnen und Bürger, sich auch mit rechtsradikalen politischen Meinungen auseinanderzusetzen und sie im politischen Meinungskampf abzuwehren; es baut also darauf, dass die freie Auseinandersetzung mit solchen Ansichten und die öffentliche Diskussion darüber die wirksamsten Waffen sind gegen die Verbreitung totalitärer und menschenverachtender Ideologien.

Nähere Ausführungen zu den grundsätzlichen Rechtsfragen im Zusammenhang mit Demonstrationen Rechtsradikaler enthält eine Informationsschrift des Gerichts, die im Internet abrufbar ist (www.verwaltungsgericht-braunschweig.niedersachsen.de, Menüpunkt Verwaltungsgerichtsbarkeit).

Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts können die NPD und die Stadt das Rechtsmittel der Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Lüneburg einlegen.

(Aktenzeichen 5 B 8/13)

Artikel-Informationen

erstellt am:
04.01.2013

Ansprechpartner/in:
Präsident / Stellv. Pressesprecher Harald Meyer

Verwaltungsgericht Braunschweig
- Pressestelle -
Wilhelmstraße 55
38100 Braunschweig
Tel: 0531 488-3085 oder 3082
Fax: 0531 488-3001

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