Artikel-Informationen
erstellt am:
04.06.2025
Ansprechpartner/in:
Lena Rühling
BRAUNSCHWEIG. Das Verwaltungsgericht Braunschweig hat heute die Klage des im Juni 2024 abgewählten Samtgemeindebürgermeisters gegen die Samtgemeinde Boldecker Land abgewiesen. Die ablehnende Wahlprüfungsentscheidung des Samtgemeinderats wurde damit im Ergebnis vom Gericht bestätigt. Der Einspruch des Klägers gegen das Verfahren seiner Abwahl im Juni 2024 sei zwar begründet, weil die Wahl durch mehrere Verstöße gegen den Grundsatz der Wahlfreiheit unzulässig beeinflusst worden sei. Einen Anspruch auf Ungültigkeitserklärung der Wahl habe der Kläger aber nicht. Denn die festgestellten Rechtsverstöße hätten sich nicht entscheidend auf das Wahlergebnis ausgewirkt, so das Gericht. Zudem war die Klage nicht, wie für dieses Verfahren erforderlich, gegen den zuständigen Samtgemeinderat gerichtet.
Einen schwerwiegenden Verstoß gegen die in Wahlkämpfen geltende Neutralitäts- und Zurückhaltungspflicht von Amtsträgern sah die Kammer in der Verteilung des Flyers „Informationsschreiben über die Gründe für die Abwahl des Samtgemeindebürgermeisters am 9. Juni 2024“ an sämtliche Haushalte im Boldecker Land. Das Blatt, mit dem zur Abwahl des Klägers aufgerufen worden war, war mit „Euer Samtgemeinderat“ unterschrieben. Aufmachung und Inhalt habe laut Gericht jedenfalls den Anschein erweckt, dass der Flyer eine amtliche Stellungnahme des Rates und nicht die Meinung einzelner Ratsmitglieder dargestellt habe.
Auch die im Mitteilungsblatt für die Samtgemeinde Boldecker Land im Mai 2024 veröffentlichten Stellungnahmen der BürgermeisterInnen der Gemeinden Barwedel, Bokensdorf und Osloß sowie der Gemeinderäte Tappenbeck und Weyhausen zum Abwahlverfahren seien als unzulässige Wahlbeeinflussung zu beurteilen, so die Kammer. In ihren Stellungnahmen hatten die betreffenden Amtsträger Kritik an der bisherigen Arbeitsweise des Klägers als Samtgemeindebürgermeister geübt und ihre Bürger zur Teilnahme an der Wahl aufgerufen. Nach Überzeugung des Gerichts hatten sie bei der Wahlwerbung zulasten des Klägers ersichtlich nicht als Bürger gehandelt, sondern unter wiederholter Hervorhebung ihrer jeweiligen Eigenschaft als Amtspersonen.
Die festgestellten Rechtsverstöße führten aber auch in Summe nicht zu einer Ungültigkeit der Abwahl. Die Kammer sah es angesichts des Abwahlergebnisses nicht als realistische Möglichkeit an, dass ohne die unzulässigen Wahlbeeinflussungen die erforderliche einfache Mehrheit der Stimmen gegen eine Abwahl des Klägers zustande gekommen wäre. Denn unabhängig von den unzulässigen Beeinflussungen durch die Flyer und Stellungnahmen von Amtsträgern sei vor allem in der regionalen Tagespresse sehr umfangreich über die Auseinandersetzungen zwischen dem Kläger und dem Samtgemeinderat, das Abwahlverfahren, und nicht zuletzt kurz vor der Wahl über ein Ermittlungsverfahren gegen den Kläger berichtet worden. Es sei daher nicht davon auszugehen, dass zusätzlich mindestens 1.062 Wähler im Abwahlverfahren mit „NEIN“ gestimmt hätten, wenn es das beanstandete Flugblatt und die Stellungnahmen im Mitteilungsblatt für die Samtgemeinde nicht gegeben hätte, so das Gericht.
Von 8.820 Wahlberechtigten hatten sich 5.789 an der Wahl beteiligt; die Auszählung ergab 3.956 Stimmen für eine Abwahl des Klägers (68,34%) und 1.833 Stimmen dagegen (31,66%). Erforderlich für eine Abwahl des Samtgemeindebürgermeisters waren eine einfache Mehrheit der abgegebenen Stimmen und 25% der Stimmen aller Wahlberechtigten im Boldecker Land.
Gegen das Urteil steht dem Kläger noch das Rechtsmittel eines Antrags auf Zulassung der Berufung beim Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht offen.
(Az. 1 A 360/24)Artikel-Informationen
erstellt am:
04.06.2025
Ansprechpartner/in:
Lena Rühling