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Feierliche Amtseinführung des neuen Präsidenten Wolfgang Bartsch

In einer Feierstunde im Großen Saal der Handwerkskammer Braunschweig wurde heute der neue Präsident des Verwaltungsgerichts Braunschweig, Wolfgang Bartsch, von der Niedersächsischen Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz offiziell in sein Amt eingeführt. Zugleich wurde sein Vorgänger Christian Büschen in den Ruhestand verabschiedet. Zu der Feierstunde hatte der Präsident des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts, Dr. Herwig van Nieuwland, eingeladen.

Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz würdigte vor zahlreichen Ehrengästen aus Politik, Justiz und Verwaltung die Verdienste des Ende Mai in den Ruhestand getretenen Gerichtspräsidenten Christian Büschen. Er habe in mehr als 37 Jahren in der niedersächsischen Justiz Hervorragendes geleistet. Der neue Präsident Wolfgang Bartsch habe sich als „Kind“ der Stadt und der Braunschweiger Justiz als besonders qualifizierter Jurist und befähigter Richter erwiesen.

Dr. van Nieuwland führte in seiner Festrede aus, die Gerichte hätten seiner Überzeugung nach die Pflicht, alles in ihrer Macht stehende zu tun, um die Qualität ihrer Leistungen im Sinne der Rechtsuchenden stetig zu verbessern. Dementsprechend habe sich die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit seit dem Jahr 2005 intensiv mit dem Thema Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung beschäftigt. Seit Beginn dieser Qualitätsoffensive sei in der niedersächsischen Verwaltungsgerichtsbarkeit sehr viel geschehen. In den Gerichten hätten sich beispielsweise Qualitätszirkel gebildet, die sich mit ganz unterschiedlichen Aspekten der richterlichen Tätigkeit beschäftigt und hierzu Konzepte erarbeitet hätten. Außerdem hätten Kundenbefragungen stattgefunden, die den Gerichten ein sehr konkretes und bislang nicht vorhandenes Feedback über ihre Arbeit aus der Außensicht geliefert hätten. Dem in der Verfassung garantierten Anspruch der Bürgerinnen und Bürger auf Justizgewährung werde aus seiner Sicht dann optimal Rechnung getragen, wenn die Entscheidung des Gerichts „gut“ und „richtig“ sei. Das Gericht solle am Maßstab von Gesetz und Recht eine sachgerechte Entscheidung treffen. Dabei solle die Entscheidung den Rechtsstreit endgültig und nachhaltig beilegen und ein Höchstmaß an befriedender Wirkung haben. Zu den Qualitätsmerkmalen gehöre auch der Abschluss des Verfahrens in angemessener Frist. Insoweit befinde sich die niedersächsische Verwaltungsgerichtsbarkeit auf einem guten Weg. So sei die durchschnittliche Verfahrensdauer der Klageverfahren erster Instanz seit 2008 kontinuierlich zurückgegangen: von 12,6 Monaten über 10,2 Monate im Jahr 2010 und 9,9 Monate in 2011 auf 6,1 Monate im vergangenen Jahr - wobei man fairerweise zugestehen müsse, dass der letztjährige Wert durch eine besondere Entwicklung bei den landwirtschaftlichen Subventionsklagen begünstigt worden sei. Die Dauer der Eilverfahren habe sich ebenfalls kontinuierlich verbessert, und zwar von 1,7 Monaten im Jahr 2008 auf 1,2 Monate im vergangenen Jahr. Der Prozess der Qualitätssicherung und -entwicklung sei damit jedoch längst nicht abgeschlossen. Dieser Prozess sei und bleibe eine Daueraufgabe, an der alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gerichte beständig weiterarbeiten müssten. Nach der Verfassung seien in erster Linie die Richterinnen und Richter für die Qualität in der Rechtspflege verantwortlich. Dem Haushaltsgesetzgeber und der Ministerialverwaltung obliege es aber, die Richterschaft bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben konstruktiv zu unterstützen, d.h. insbesondere die dafür erforderlichen personellen und sächlichen Mittel zur Verfügung zu stellen. Ob Haushaltsgesetzgeber und Ministerialverwaltung dieser Pflicht in den vergangenen Jahren hinreichend nachgekommen seien, dürfe durchaus mit einem Fragezeichen versehen werden: Nach den von den Ländern in Auftrag gegebenen Personalberechnungssystemen fehlten nach wie vor mehrere tausend Richterinnen und Richter sowie Staatsanwältinnen und Staatsanwälte.

Wolfgang Bartsch hob den „besonderen Gemeinschaftsgeist“ hervor, der unter den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Verwaltungsgerichts Braunschweig herrsche. Das Gericht werde verstärkt daran arbeiten, die Motivation und die Arbeitsfähigkeit der älter werden Belegschaft langfristig zu erhalten. Gemeinsam werde man noch mehr als bisher den jungen Leuten helfen, den Spagat zwischen Familie und Beruf zu meistern. Bei den anwesenden Vertretern der Behörden und der Anwaltschaft bedankte er sich für die konstruktive Zusammenarbeit und hob hervor, dass sie sich in geeigneten Fällen bei aller Interessenvertretung auch alternativen Streitbeilegungen nicht verschlössen. An die anwesenden Bundes- und Landtagsabgeordneten gewandt wies er auf die Situation der jungen Richterinnen und Richter hin, die seiner Überzeugung nach nicht mehr ausreichend besoldet würden. Nach qualifizierter und langjähriger Ausbildung leisteten die jungen Kolleginnen und Kollegen bei zunehmender Arbeitsverdichtung ausgezeichnete Arbeit. Wenn für diesen Beruf weiterhin qualifizierte Persönlichkeiten gewonnen werden sollen, müsse man sie für diese herausfordernde und anspruchsvolle Tätigkeit auch angemessen bezahlen. Nach der Vergleichsstudie des Komitees für Justiz beim Europarat 2012 verdienten Richter am Anfang ihrer Karriere im europäischen Durchschnitt das 2,4-fache des Landesdurchschnittseinkommens. Unter den 46 miteinander verglichenen Mitgliedsstaaten des Europarats belege Deutschland den letzten Platz: Das Einkommen junger Richterinnen und Richter liege hier bei 0,9 des Landesdurchschnittseinkommens - damit sei Deutschland das einzige Land, in dem junge Richter ein unter dem Landesdurchschnitt liegendes Einkommen erzielten. Keiner der jungen Kolleginnen und Kollegen habe den Beruf der Richterin oder des Richters der Bezahlung wegen ergriffen. Aber Wertschätzung habe eben auch etwas mit Bezahlung zu tun. Das von der Landesregierung nun auch im Haushalt abgesicherte Stellenhebungsprogramm, das voraussichtlich etwa 19 Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichtern eine Zulage zu ihrem Gehalt bescheren werde, sei gut und richtig, aber keine Antwort auf das Problem der Besoldung junger Kolleginnen und Kollegen. Wolfgang Bartsch, der unter anderem viele Jahre lang Mitglied der deutschen Delegation des europäischen Netzwerkes der Asylpraktiker (EURASIL) gewesen ist, wies darauf hin, dass viele Regelungen des europäischen Flüchtlingsrechts ein gutes Stück weit „Made in Germany“ sind. Er hob hervor, dass deutsche Verwaltungsrichterinnen und Verwaltungsrichter schon früh in den sogenannten Dublin-II-Verfahren (Überstellung von Asylbewerbern in Drittstaaten) den Asylsuchenden unter Berufung auf das Grundgesetz vorläufigen Rechtsschutz gewährt hätten, obwohl es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung dafür gefehlt habe. Ihnen verdanke die Bundesrepublik, nicht vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen der Verletzung der Europäischen Menschenrechtskonvention verurteilt worden zu sein. Inzwischen habe der Gesetzgeber entsprechende Änderungen des Asylverfahrensgesetzes auf den Weg gebracht. Dies zeige, dass das Zusammenspiel der Staatsgewalten in unserem Land funktioniere - ein Umstand, um den uns das Ausland vielfach beneide. In seinem abschließenden Exkurs im Spannungsfeld zwischen Gesetz und Gerechtigkeit hob er hervor, dass insoweit neben den Gerichten stets auch die Zivilgesellschaft gefordert sei.
Dr. Herwig van Nieuwland - Antje Niewisch-Lennartz -Christian Büschen - Wolfgang Bartsch Bildrechte: VG Braunschweig
Dr. Herwig van Nieuwland - Antje Niewisch-Lennartz -Christian Büschen - Wolfgang Bartsch

Artikel-Informationen

erstellt am:
09.09.2013

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

Verwaltungsgericht Braunschweig
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Tel: 0531 488-3018 oder -3020
Fax: 05141 593733001

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