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Verwaltungsgericht konkretisiert Voraussetzungen für die Einschulung von „Kann-Kindern"

Kluger Kopf genügt nicht

Verwaltungsgericht konkretisiert Voraussetzungen für die Einschulung von "Kann-Kindern"

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts hat in einer aktuellen Entscheidung ausgeführt, unter welchen Voraussetzungen die Grundschulen die vorzeitige Einschulung so genannter Kann-Kinder ablehnen dürfen.

Nach dem Niedersächsischen Schulgesetz werden diejenigen Kinder zu Beginn des neuen Schuljahres schulpflichtig, die spätestens am 30. Juni sechs Jahre alt geworden sind. Alle jüngeren Kinder können auf Antrag ihrer Eltern in die Schule aufgenommen werden. Kinder dieses Alters werden von den Schulen daher auch als "Kann-Kinder" bezeichnet. Noch vor einigen Jahren durften Kinder auf keinen Fall vorzeitig eingeschult werden, wenn sie erst nach dem 31. Dezember in dem betreffenden Schuljahr das sechste Lebensjahr vollendeten. Diese Stichtagsregelung gilt jedoch seit dem Schuljahr 1998/99 nicht mehr.

In dem Verfahren des Verwaltungsgerichts ging es um einen im Dezember 1998 ge-borenen Jungen aus Braunschweig, der nach dem Willen seiner Eltern im Schuljahr 2004/2005 eingeschult werden sollte. Die Grundschule lehnte den Antrag der Eltern ab: Der Junge besitze zwar eine "überdurchschnittliche sprachliche Kompetenz" und verfüge über ein "zumindest teilweise reifes Denkverhalten". Körperlich und in seinem sozialen Verhalten sei er aber noch nicht ausreichend entwickelt. Dazu berief sich die Schule auf die Ergebnisse eines "Probeunterrichts", den zwei Lehrerinnen mit dem Jungen und anderen Kindern durchgeführt hatten. Auch die von der Schule eingeschaltete Erziehungsberatungsstelle hatte davon abgeraten, den Jungen vorzeitig einzuschulen.

Die Eltern beantragten daraufhin beim Verwaltungsgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie machten geltend, die Kinderärztin ihres Sohnes habe die vorzeitige Einschulung empfohlen, damit er nicht unterfordert werde. Außerdem habe eine Braunschweiger Privatschule ein Gutachten über ihren Sohn erstellt, in dem ihm bescheinigt werde, seine intellektuelle Leistungsfähigkeit liege deutlich über dem Durchschnitt.

Das Gericht hat den Antrag der Eltern abgelehnt und entschieden, dass die Grundschule rechtmäßig gehandelt hat. Für die vorzeitige Einschulung genüge es nicht, wenn das Kind über die erforderliche "geistige Schulfähigkeit" verfüge. Notwendig sei außerdem, dass die für den Schulbesuch erforderlichen körperlichen Voraussetzungen gegeben seien und das Kind in seinem Sozialverhalten ausreichend entwickelt sei. Die Beurteilung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, obliege vornehmlich der Grundschule; sie könne weder durch die subjektive Auffassung der Eltern noch durch ärztliche Stellungnahmen ersetzt werden. Die Schule dürfe ihre Entscheidung jedoch nicht auf sachfremde Erwägungen stützen wie zum Beispiel auf schulorganisatorische Belange. Daher – so die Richter – wäre es rechtswidrig, wenn die Grundschule die vorzeitige Einschulung ablehnt, damit eine bestimmte Schülerzahl in den Schulanfängerklassen nicht überschritten wird. Für solche sachwidrigen Erwägungen der Schule gebe es hier aber keine Anhaltspunkte.

(Aktenzeichen: 6 B 332/04)

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
30.06.2010

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

Verwaltungsgericht Braunschweig
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Tel: 0531 488-3018 oder -3082
Fax: 05141 593733001

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