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Auch Eltern mit religiösen Bedenken gegen den Schulunterricht müssen ihre Kinder zur Schule schicken

Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Braunschweig hat am 17. Dezember 2003 nach einer mündlichen Verhandlung die Klagen von zwei Elternpaaren abgewiesen, mit denen diese für ihre schulpflichtigen Kinder die Genehmigung zur Erteilung von Hausunterricht erreichen wollten. Die Kläger gehören der Glaubensgemeinschaft der "Gemeinde Gottes" an und halten den ihren Kindern an den staatlichen Schulen erteilten Unterricht für nicht vereinbar mit ihren Glaubensüberzeugungen: Die schulische Sexualerziehung berühre nicht nur ihren biblischen Glauben, sondern sei auch deshalb verderblich, weil sie das Schamgefühl und die Intimsphäre verletze. Der staatliche Unterricht befasse sich mit Esoterik und Okkultismus, indem dort Märchen, Hexen, Zauberer und andere Phantasiegestalten behandelt würden. Dies sei nach ihren Überzeugungen "Gott ein Gräuel".

Die Bezirksregierung hatte die Anträge abgelehnt.

Das Gericht hat sich in seinem Urteil der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts angeschlossen. Danach stehen das Erziehungsrecht der Eltern und der staatliche Erziehungsauftrag gleichgewichtig nebeneinander. Die Schulen hätten nicht nur den Auftrag, Wissen zu vermitteln, sondern auch die Aufgabe, verantwortungsbewusste Staatsbürger heranzubilden. Die dafür erforderlichen Eigenschaften wie Toleranz und soziale Kompetenz könnten jedoch durch regelmäßigen Schulbesuch effektiver eingeübt werden. Auch von weltanschaulichen und religiösen Minder-heiten müsse verlangt werden, dass sie zu einem Dialog mit Andersdenkenden bereit sind. Eine für Eltern und Schüler unzumutbare Konfliktlage werde durch die Verpflichtung der staatlichen Schulen zu Neutralität und Toleranz vermieden.

Weil die Eltern sich geweigert hatten, ihre Kinder zur Schule gehen zu lassen, war ihnen insoweit das Sorgerecht entzogen worden. Inzwischen besuchen die Kinder in Baden-Württemberg eine von der Glaubensgemeinschaft gegründete Schule.

(Aktenzeichen: 6 A 567/02 und 6 A 568/02)

Artikel-Informationen

erstellt am:
22.12.2004
zuletzt aktualisiert am:
30.06.2010

Ansprechpartner/in:
Vizepräsident/Pressesprecher Dr. Torsten Baumgarten

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